Kalligraphie und Hangul, die koreanische Schrift |
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Die Kunst der Gelehrten etwas mit einem Füllfederhalter oder einem Bleistift auf Papier
niederzuschreiben, wie wir es täglich tun, erfordert für gewöhnlich keine grossen
Anstrengungen oder langes
Nachdenken. Die meisten Menschen machen sich über ihre Handschrift keine Gedanken, solange sie lesbar ist.
Sogar Kalligraphen, die in romanischer, germanischer oder slawischer Schrift schreiben und darauf spezialisiert sind,
so zu schreiben, dass ein guter optischer Eindruck entsteht, sehen sich nicht mit dem Gegensatz von eiserner
Disziplin und gleichzeitig verblüffender Freiheit konfrontiert, die die Kunst der Kalligraphie in Korea
aufweist. |
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Das
Chinesische, für tausende von Jahren die einzig geschriebene Sprache in Ostasien, war auch die
Sprache der Kalligraphie in Korea, ebenso wie in Japan. Auch nach der Erfindung des koreanischen
Alphabetes Han-gul 1446 war Chinesisch bis ins späte 19. Jahrhundert weiterhin die offiziell
geschriebene Sprache. Da diese mehr als 10.000 Schriftzeichen umfasst, jedes mit einer anderen
Anordnung, Strichzahl und Bedeutung, war es keine leichte Aufgabe, diese Zeichen zu lesen und zu
schreiben. Diese Fähigkeit zeichnete vor allem den Adel aus, denn nur die, die nicht arbeiten
brauchten, konnten es sich erlauben, ihr Leben dem Studium dieser Zeichen und deren
Vervollkommnung zu widmen: sie schreiben zu können, bedeutete, dass man ernsthaft lernte. |
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Seit die chinesische Kalligraphie vor über 1500 Jahren in Korea eingeführt worden war, gab die Art der Schrift Aufschluss darüber, um welche Gelehrten, Künstler oder andere Personen es sich handelte. Um mit dem Pinsel zu schreiben, auf koreanisch heisst dies Putgulshi, brauchen Sie die "4 Freunde des Gelehrten". Diese sind Tusche, Tuschstein, Pinsel und Papier, alle von denkbar bester Qualität. Die Tusche wird aus Kohle, vermischt mit Klebstoff und Aromastoffen, hergestellt und zu sehr harten, dichten schwarzen Blöcken geformt. |
Der
Tuschstein ist für gewöhnlich ein blauer Stein mit einer ganz bestimmten Härte und einer leicht schräg abfallenden
Oberfläche hin zu einer Senke, in der das Wasser steht. Wichtig bei der Ausübung von Putgulshi sind die
Ausgewogenheit des Raumes und die Proportionen der Zeichen, die Bewegungen werden spontan ausgeführt ohne
irgendwelche Nachbesserungen (Die Tinte kann nicht mehr ausradiert werden!). Sie können wählen, ob Sie
dem Stil
einer bestimmten Schule oder Tradition folgen wollen. Jede hat ihre eigenen Regeln und ästhetische Formeln,
basierend auf der Kunstfertigkeit eines Kalligraphen und seinen überlieferten Fähigkeiten. |
Mit Beginn der Joseon-Dynastie übernahmen die koreanischen Könige die in China übliche Praxis, die Auswahl der Staatsbeamten von einer regelmässig stattfindenden Prüfung abhängig zu machen. Die Anwärter wurden unter anderem auf ihre Kenntnisse der klassischen chinesischen Literatur und ihre Kunstfertigkeit in der Kalligraphie geprüft. Daher beruhte, historisch gesehen, das Erreichen der höchsten Positionen in der Gesellschaft darauf, wie gelehrt ein Mann und wie vollendet sein Schreibstil war. Sie haben sicher bereits erraten, dass Putgulshi für Anfänger nicht geeignet ist. Viele Kalligraphiekünstler beginnen heutzutage mit einem langen, harten Training, doch nur wenigen ist ein sichtbarer Erfolg beschieden. Sogar diejenigen, die aus Liebhaberei die Kunst der Kalligraphie erlernen, setzen die Studien mit ihren Lehrern über 10, 20 oder 30 Jahre lang fort (das heisst, sie lernen, solange sie leben). Die Kalligraphie ist eine der anspruchsvollsten Künste in Korea, sie fordert das höchste Mass an Disziplin, Kunstfertigkeit und Spiritualität. Viele der erfolgreichsten Kalligraphen waren zudem auch Maler wie bspw. Kim Chong-Hui. Diese Künstler benutzten den gleichen Pinsel, um eine sich neigende Orchidee oder ein vom Wind verwehtes Bambusgehölz zu zeichnen und anschliessend ein Gedicht darüber zu schreiben. Die traditionelle Malerei in Korea unterscheidet sich grundlegend von der westlichen in Konturen, Farben und Motiven. |
Hangul, das koreanische Alphabet |
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Zur Zeit König Sejongs (Reg. 1418-1450) konnten lediglich die Gelehrten die damals verwendeten chinesischen Schriftzeichen lesen und schreiben. König Sejong erachtete es jedoch als notwendig, dass alle Koreaner, ungeachtet ihrer Klasse, lesen und schreiben konnten und liess daher seit 1443 das Hangul entwickeln, mit dem sich nahezu jeder Laut des gesprochenen Koreanisch schriftlich festhalten liess. Offiziell eingeführt wurde das Hangul 1446 durch die Veröffentlichung des oben erwähnten "Hunminjongum", das man mit "Korrekte Laute zur Unterweisung des Volkes" übersetzen kann. |
Das neue Alphabet bestand aus 10 Vokalen und 14 Konsonanten, die auf den vier Elementen Himmel, Erde, Mensch sowie Yin und Yang basierten. Die Einführung dieses leicht lernbaren Systems löste auch einige der Probleme, die bei der Verwendung der chinesischen Schrift auftraten, da das gesprochene Koreanisch und das geschriebene Chinesisch phonetisch und grammatikalisch nicht übereinstimmen. Die Verbreitung des Hangul wirkte sich auch positiv auf die Herstellung literarischer Werke und religiöser Texte aus, was wiederum die Bildung einer nationalen Identität förderte. Auch während der japanischen Kolonialherrschaft (1910-1945) setzten die Koreaner alles daran, das Hangul zu bewahren. Das koreanische Alphabet, das weltweit als eines der wissenschaftlichsten Schriftsysteme gilt, ist auch im 21. Jahrhundert , im Zeitalter der Globalisierung und Information, in dem es auf Geschwindigkeit und Effizienz ankommt, aufgrund seiner "Einfachheit" von Vorteil. |
Die Form der Schriftzeichen für die Vokale unterscheidet sich deutlich von der für die Konsonanten. Die Vokale werden mit einer Senkrechten bzw. einer waagerechten Linie mit einem Punkt dargestellt. Die Konsonanten dagegen mit einem einfachen geometrischen Zeichen. Die Vokale und Konsonanten stehen mit einander in Zusammenhang und können nach ihrer Form in verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Die Laute, die in sich in ihrer Aussprache ähnlich sind, haben in ihrer Form eine Gemeinsamkeit. Auch die Antigua ist eine Lautschrift, aber zwischen den einzelnen Buchstaben besteht kein Zusammenhang. Hinsichtlich von der Entwicklung von Schriftzeichen ist Hangul eine einzigartige phonetische Schrift. |
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Die Konsonanten, die die Anfangslaute
wiedergeben, bilden im Grunde die menschlichen Sprechwerkzeuge ab. In Hangul wird eine Silbe durch
die Kombination von nebeneinander- bzw. übereinander angereihte Buchstaben in einem Viereck dargestellt, das
zeigt, dass Hangul die Vorzüge einer phonetischen und syllabischen Schrift gleichermassen besitzt. Aufgrund dieser systematischen
Prinzipien sagt man, dass Hangul eine logische und wissenschaftliche Schrift ist. |
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Daniela Jost
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